Der König in Thule

D 367 Opus 5 - 5

Johann Wolfgang von Goethe 1749 - 1832

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Boris Cepeda - Klavier

Aufnahme: Freitag, 20. Juni 2008 | Berlin

Liedtext

Es war ein König in Thule,
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.

Es ging ihm nichts darüber,
Er leert' ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.

Und als er kam zu sterben,
Zählt' er seine Städt' im Reich,
Gönnt' alles seinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.

Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vätersaale,
Dort auf dem Schloß am Meer.

Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut,
Und warf den heil'gen Becher
Hinunter in die Flut.

Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer.
Die Augen täten ihm sinken
Trank nie einen Tropfen mehr.

 

Johann Wolfgang von Goethe
Ölgemälde 1834 von Johann Josef Schmeller
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Goethes Gedicht Der König in Thule aus dem Jahr 1774 stammt aus der Tragödie Faust und wird von der Figur Gretchen gesungen, "indem sie sich auszieht". Über den Faust. Eine Tragödie kann man sich erschöpfend bei Wikipedia informieren. Er entstand in den Jahren 1770-1788.
Die Erstausgabe stammt aus dem Jahr 1808 und ist in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar als Digitalisat online abrufbar. Die vertonte Szene steht auf den Seiten 177f.
Das Gedicht steht bereits im Urfaust auf S. 94f., der 1790 zum ersten Mal gedruckt erschien. Ein Digitalisat dieses Erstdrucks findet sich ebenfalls in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar und kann online abgerufen werden. 1.1

Zur Musik

Komponiert: 1816
Veröffentlichung (angezeigt): 9. Juli 1821
Originaltonart:  d - moll
Liedform: Strophenlied
Aufnahmetonart:  e - moll
Schuberts Wohnort 1816

Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 2.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 2.2

Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.

Aus Goethes Faust vertonte Schubert folgende Gedichte:

Gretchen am Spinnrade D 118
Szene aus Goethes Faust (Zwei Fassungen) D 126
Der König in Thule D 367
Chor der Engel D 440
Gretchen im Zwinger D 564

Schubert schrieb Der König in Thule im Alter von 19 Jahren. Er unterlegte seine Komposition mit drei der sechs Strophen. Wir haben uns an diese Vorgabe gehalten und haben diese drei Strophen aufgenommen.

Schuberts erstes Liederheft für Goethe enthielt folgende Kompositionen:

Jägers Abendlied D 368
Der König in Thule D 367
Meeres Stille D 216
Schäfers Klagelied D 121, erste Fassung
Die Spinnerin D 247
Heidenröslein D 257
Wonne der Wehmut D 260
Wandrers Nachtlied D 224
Erster Verlust D 226
Der Fischer D 225, zweite Fassung
An Mignon D 161, erste Fassung
Geistes Gruß D 142, zweite Fassung
Nähe des Geliebten D 162, zweite Fassung
Gretchen am Spinnrade D 118
Rastlose Liebe D 138, erste Fassung
Erlkönig D 328, zweite Fassung

Zweites Liederheft für Goethe siehe -> Link zu Nachtgesang D 119

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: Staatsbibliothek zu Berlin, preussischer Kulturbesitz

Die Veröffentlichung besorgte 1821 Cappi und Diabelli in Wien als Opus 5 - 5 | Verlagsnummer 789

Eine Reinschrift des Manuskripts liegt in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin.

Zur Veröffentlichung

Deckblatt Opus 5 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 9. Juli 1821 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 04 № 261
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 01
Friedlaender Edition  Bd. 2 » 12
Bärenreiter Urtext Edition  Bd. 1 » 37

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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