Das Fischermädchen

D 957 Letztes Werk

Heinrich Heine 1797 - 1856

Interpreten: Peter Schöne - Bariton | Olga Monakh - Klavier

Aufnahme: Samstag, 12. September 2015 | Berlin

Diese Aufnahme ist meinem Gesangslehrer dem Bass Harald Stamm und seiner Frau Ute Stamm gewidmet.

Liedtext

Du schönes Fischermädchen,
Treibe den Kahn an's Land;
Komm zu mir und setze dich nieder,
Wir kosen Hand in Hand.

Leg' an mein Herz dein Köpfchen,
Und fürchte dich nicht zu sehr,
Vertrau'st du dich doch sorglos
Täglich dem wilden Meer.

Mein Herz gleicht ganz dem Meere,
Hat Sturm und Ebb' und Fluth,
Und manche schöne Perle
In seiner Tiefe ruht.

Heinrich Heine
Ölgemälde von Moritz Daniel Oppenheim
Wikimedia.org - Public domain

Zum Text

Das Gedicht entstammt dem Buch der Lieder. Es trägt im Original keinen Titel sondern die römische Nummer VIII.

Das Gedicht Das Fischermädchen von Heinrich Heine wurde veröffentlicht im Jahr 1827 in Buch der Lieder von H Heine Hamburg bei Hoffmann und Campe. Es findet sich auf Seite 186.

Digitalisat online

Zur Musik

Komponiert: August 1828
Veröffentlichung (angezeigt): 4. Mai 1829
Originaltonart:  As - Dur
Liedform: A-B-A
Aufnahmetonart:  G - Dur
Schuberts Wohnort 1828

Heine und Schubert sind sich nicht begegnet. Beide wurden Jahr 1797 geboren und unzweifelhaft hätten die Gedichte Heines Franz Schubert zu weiteren großartigen Kompositionen inspiriert. 

Heine überlebte Schubert um 28 Jahre.
Schubert schrieb die Heine-Lieder in seinem Todesjahr unmittelbar nach deren Erscheinen. Sie wurden gemeinsam mit den Rellstab-Liedern auf einem Manuskript direkt nacheinander geschrieben.

Ausführliche Kritik des Schwanengesanges in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung Jhg. 31 (1829) 2.2

So sehr aber auch diese Winterreise von manchem Andern zu Sch.s vorzüglichsten Gaben gerechnet wird: so können wir doch nicht umhin, den Schwanengesängen des früh Entschlafenen bey Weitem den Vorzug vor jenen einzuräumen; wir finden sie viel liebenswürdiger, gehaltener, erfindungsreicher und empfindungsinniger; die hier gewählten Gedichte, die sieben ersten von Rellstab, die sechs folgenden von H. Heine und eins von J. G. Seidel, sind im Ganzen viel musikalischer, oft frischer durch ihren klar und dichterisch ausgesprochenen Inhalt und selbst schöner in ihrer Form, was offenbar den Tonsetzer lebendiger erfüllte, und doch freyer liess, ihn vom bloss Gesuchten, vom schonungsloss Verwundenden meist erwünscht zurückführte, und ihn dann so dauernd zu beschäftigen wusste, dass er nicht Zeit, nicht Lust fand, sich vom guten Wege des innig Wahren auf irgend einen ungebahnten Nebenpfad hinüber zu winden. So wenig er auch hier gewisse, ihm fast stehend gewordene Melodieen-Wendungen, Gänge und vorhaltende Ausschmückungen, ferner: schwer vorzutragende, in malenden Figuren durchgehaltene Begleitungen und stechende Modulationen aufgibt: so sind doch hier alle diese Eigenheiten meistentheils aus der Natur der Sache weit mehr hervor gegangen, der Empfindung angemessener, so dass wir den Schwan auf den Wogen des Avernus, unter dem Schatten der Hängeweide ruhend, mit innigerm Antheile rudern sehen, als wir die winterliche Reise mit dem verlassenen Wanderer vollbringen. Und wenn wir uns bey Dingen, welche die neuere Compositionsweise nun einmal keiner Beachtung für würdig hält, nicht verweilen, und uns nicht der Mikrologie bezüchtigen lassen wollen so muss durchaus von diesen beyden letzten Heften gerühmt werden, dass sie auch kein einziges Stück enthalten, das nicht mindestens den wohlgetroffenen und schön bearbeiteten zugezählt werden könnte; ja nicht wenige dieser Gesänge sind unbedenklich unter die Meisterlichsten zu setzen, die je von Sch.s Muse gesungen worden sind. Gleich der Anfang „Liebesbotschaft“ ist sehr anmuthig, und des Bächleins Rauschen murmelt zu dem freundlich sehnenden Gesange in eilig stetiger Bewegung bis an das Ende. „Des Kriegers Ahnung“ spricht sich eigen, aber sinnig, viel wechselnd in Bewegung und Modulation aus. Frühlingssehnsucht“ leidenschaftlich. Nr. 4. „Das Ständchen“ gehört in Dichtung und Musik zu den vortrefflichsten Cantilenen. Die Melodie hat zu den zierlich schmachtenden Worten etwas so lieblich Lockendes, was die einfache und unstät verlangende Begleitung so ansprechend verschönt, dass es zuversichtlich ein Liebling Aller werden wird. Nr. 5. „Aufenthalt“, gleichfalls sehr charaktervoll. Ein unaufhaltsamer Schmerz singt in die Gipfel brausender Bäume und starrender Felsen sein tief ergreifendes Weh. In gleichem, fast noch tieferm Bangen klagt ein belastetes Herz in der Ferne seine Täuschungen und sein Heimweh aus. Fast zuwider ist es uns, hier folgenden Ohren zerreissenden Fortschritt nicht unerwähnt lassen zu dürfen.
Könnten solche Unziemlichkeiten, solche trotzig hingestellte Harmonieen-Zerrbilder allem Verstande zum Hohn ihre kecken Schwindler finden, die sie geduldigen Anstaunern alles Unerhörten für Originalitäts-Ueberschuss einschwärzen wollten: so würden wir, im Fall das Grossartige gelänge, bald in den glückseligsten aller Zustände, in den Zustand der Anarchie, wie in den Tagen des Interregnums, versetzt werden. O wie herrlich, wenn Jeder thun dürfte, was ihm im Rausche beliebte, und sein Gewaltsschlag wäre noch sein Ruhm! – Hätte Sch. länger gelebt, von diesem Paroxismus hätte er sich selbst geheilt. „Der Abschied“, Anfang des zweyten Heftes und zugleich das letzte Gedicht von Rellstab, ist so lebendig vom Dichter und Tonsetzer gezeichnet, dass wir ihm besonders viele Freunde versprechen. Der Componist hat, nach seiner Weise, das „mit lustigem Fuss scharrende“ Rösslein zum Gegenstand seiner Begleitungs-Malerey gewählt, und es recht glücklich durchgeführt. Die Begleitung ist nichts weniger, als leicht. Ueberhaupt dürfen wir bey dieser Gelegenheit zu erinnern nicht versäumen, dass Sänger und Spieler sich wohl mit einander einüben mögen, wenn sie sich und Anderen die Freude an diesen Gaben nicht leichtsinnig verderben wollen. Nr. 8. „Der Atlas“. Mit diesem für musikalische Behandlung nicht ausgezeichneten, kurzen Gesange, aus dem der Tonsetzer alles, was möglich war, zu machen wusste, beginnen H. Heine's Gedichte, von denen die übrigen sämmtlich wohl gewählt sind. Sehr einfach und schmerzlich tief ist Nr. 9. „Ihr Bild“. Nr. 1 o. „ Das Fischermädchen“, wird gefallen: aber tiefer, schaurig, wie Wellenschlag in dämmernder Nacht, greift das folgende, „die Stadt“, in die Saiten, und wird in das Innerste der Seele dringen. Eben so empfunden und originell ist der Gesang: „Am Meere.“ Am Fischerhause ruhen die Scheidenden; schwer fallen des Weibes Thränen auf ihre weisse Hand, und seit er die Thränen trank, verzehrt vor. Sehnen sich sein Leib, und vergiftet hat das unglückselge Weib ihn mit ihren Thränen. – Schauder erweckend tritt uns „der Doppelgänger“ an. Höchst bezeichnend ist die Führung der unvollständigen, stets in unklarer Tiefe gehaltenen Akkorde der Begleitung, und der graussig über ihr schwebende Gesang bietet der Deklamation des Sängers höchst Ergreifendes, – Sehr gefällig in melodischer Haltung, und glänzend in schmuckvoller Begleitung, die Sicherheit und ausdauernde Kraft erfordert, ist zum Schlusse „die Taubenpost“. Sie wird zu den Lieblingen gehören, sobald sie vorgetragen wird, wie sie es verlangt. Und so empfehlen wir denn besonders die Schwanengesänge allen Liebhabern tieferer, wenn auch in manchen Nummern nicht immer erquicklicher, Unterhaltungsmusik, aus denen sich ja Jeder wählen kann und wird, was ihm eben zusagt. Wir glauben nach dem Drucke dieser letzten Hefte zu urtheilen, dass die Gesänge auch einzeln verkauft werden. Der Druck ist schön und sehr correct.

Quellenlage

Informationen zur Quellenlage (Manuskripte etc.) finden Sie hier: Thematisches Verzeichnis von Otto Erich Deutsch

Ort des Manuskripts: The Morgan Library New York

Die Veröffentlichung besorgte 1829 Tobias Haslinger in Wien als Opus 998 - 10 | Verlagsnummer 5370

Da Schubert die Rellstab- und Heine-Lieder auf einem durchgehenden Manuskript notierte, liegt es nahe, dass er sie gemeinsam veröffentlicht sehen wollte. Belege dafür gibt es indes nicht. Womöglichplante Schubert auch, die Rellstab-Lieder getrennt von den Heine-Liedern herauszugeben, denn er bot am 2. Oktober 1828 die Heine-Lieder dem Leipziger Verleger Probst separat an.

Aus der amtlichen Wiener Zeitung vom 20. Dezember 1828: 4.3

Franz Schubert's letzte Kompositionen für Gesang und Pianoforte, hat Unterzeichneter aus dem Nachlasse des unlängst verstorbenen un­vergleichlichen Tonsetzers  Franz Schubert, dessen Verlust von allen Kunstfreunden innigst betrauert wird, bestehend: invierzehnnoch ganz unbekannten Gesängen, mit Begleitung des Pianoforte (componirt im August 1828), und drey neuen Clavier-Sonaten (componirt im September 1828) als rechtmäßiges Eigenthum an sich gekauft, uns wird über die Herausgabe derselben nächstens eine ausführlichere Anzeige erfolgen
Wien den 18. December 1828

Tobias Haslinger, 
Musikverleger.

Aus der amtlichen Wiener Zeitung vom 23. März 1829 4.4

Pränumerations-Anzeige 
auf
Franz Schuberts
Schwanen-Gesang,
mit Begleitung des Pianoforte.
Seinen Gönnern und Freunden geweiht.
Letztes Werk.
In zwei Abteilungen.
Auf sehr schönem weißen Papier, und in geschmackvollen Umschlag gebunden.
Quer-Folio, über 80 Musikseiten (24 Bogen) stark,
Der Pränumerations-Preis ist:
3 fl. Conv.-Münze,
wovon die erste Hälfte (mit 1 fl. 3o kr. C.-M.) beim Eintritt in die Pränumeration, die zweite Hälfte (mit 1 fl. 30 kr. C.-M.) beim Empfang des Exemplares zu entrichten ist.
Inhalt:
Nr. 1. Liebesbotschaft. Nr. 2. Kriegers Ahnung. Nr. 3. Frühlingssehnsucht. Nr. 4.
Ständchen. Nr. s. Aufenthalt. Nr. 6. In der Ferne. Nr. 7. Abschied. Nr. 8. Der Atlas. Nr. 9. Ihr Bild. Nr. 10. Das Fischermädchen. Nr. 11. Die Stadt. Nr. 12. Am Meere. Nr. 13. Der Doppelgänger. Nr. 14. Die Taubenpost.
(Eigenthum des Verlegers.)
Auch Schubert, dieser edle Musenliebling ist dahin! - Nur zu rasch folgte er, wie auf magischen Wink, dem großen Meister Beethoven in das Land der ewigen Harmonien!!
Ungeheuchelte Trauer umschwebt ihr Andenken; nur ihr geistiges Vermächtnis gewährt uns Ersatz.
Es ist unleugbar, daß Schuberts Lieder-Kompositionen durch Tiefe und Fülle der Empfindung, durch echte Innigkeit wie durch den Zauber seelenvoller Begeisterung und zartester Gemütlichkeit eigentümlich und unvergleichlich sind.
Den zahlreichen Freunden seiner klassischen Muse werden unter obigem Titel die letzten Blüthen seiner edlen Kraft geboten. Es sind jene Tondichtungen, die er im August 1828, kurz vor seinem Dahinscheiden, geschrieben. Arbeiten, die auf das Bewährendste den Beruf seiner reichbegabten Meisterschaft verkünden, so, daß man versucht wird, zu glauben, die Tüchtigkeit dieses im blühendsten Alter entschwundenen Genius habe sich mit dem rüstigsten Aufgebote aller Fülle und Macht noch einmal erhoben, um seinen Lieben eine recht preiswürdige Spende des Abschiedes zu hinterlassen.
Ganz im Geiste dieser Ansichten wird der Verleger, nicht minder als des Verewigten Freund, die Verpflichtung einer möglichst glänzenden Ausstattung dieses Schwanen-Gesanges erfüllen.
In derselben Bedeutung wird das Werk auch die Liste sämmtlicher Pränumeranten liefern, welche hier als die Übersicht von Schuberts Verehrern und Freunden erscheinen, ja gewißer Maßen die Namenreihe der Leidtragenden bilden sollen. Die Exemplare dieser besonders Theilnehmenden werden mit einer eignen Verzierung zur Eintragung ihrer Namen bezeichnet seyn, was also bei den übrigen folgenden Abdrücken nicht mehr der Fall sein wird.
Man kann von heute an pränumerieren.
Die Erscheinung des Werkes erfolgt, da nach den getroffenen Maßregeln keine Hindernisse eintreten können, zuverlässig zu Ostern 1829. Dann tritt der bedeutend erhöhte
Ladenpreis von 6 fl. C.M. ein.
Alle Kunst-, Musik- und Buchhandlungen des gesammten Deutschland und der benachbarten Länder nehmen hierauf Bestellung an.
Wien im März 1828

Tobias Haslinger,
Kunst- und Musikverleger.

Zur Veröffentlichung

Deckblatt 4.1
Deckblatt Wiener Zeitung 4. Mai 1829 4.2

Noten

Alte Gesamtausgabe, Serie  XX, Bd. 09 № 563
Neue Schubert-Ausgabe  IV, Bd. 14
Bärenreiter Urtext Edition  Bd. 4 » 120

Originalversion des Liedes PDF Thumbnail Erstdruck PDF Thumbnail
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